Was ist Trichotillomanie?
Trichotillomanie ist eine psychische Störung, bei der Betroffene sich wiederholt und zwanghaft Haare ausreißen – meist am Kopf, aber auch an Augenbrauen, Wimpern oder anderen Körperstellen. Das Verhalten ist oft unbewusst und tritt in stressigen, belastenden oder auch völlig alltäglichen Situationen auf.
Die Störung gehört zu den sogenannten impulskontrollstörungen und ist mehr als nur ein „Tick“ – sie kann zu massivem Leidensdruck und sichtbarem Haarverlust führen.
Wie erkennt man Trichotillomanie?
Typische Merkmale:
- Kahlstellen am Kopf, oft asymmetrisch
- Fehlende Wimpern oder Augenbrauen
- Wiederholtes Ziehen oder Zupfen an Haaren
- Unruhe, Anspannung oder Erleichterung nach dem Ausreißen
- Vermeidung sozialer Kontakte wegen sichtbarer Haarlücken
Viele Betroffene schämen sich für ihr Verhalten und versuchen es zu verbergen – das erschwert die Diagnose.
Wer ist betroffen?
Trichotillomanie kann Menschen jeden Alters treffen, tritt aber häufig erstmals in der Kindheit oder Pubertät auf. Statistisch sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Die Ursachen sind individuell verschieden – genetische, psychologische und neurologische Faktoren spielen oft zusammen.
Mögliche Ursachen von Trichotillomanie
1. Emotionale Auslöser
- Stress, Angst oder innere Anspannung
- Langeweile, Frustration oder Überforderung
- Zwanghaftes Bedürfnis nach Kontrolle
2. Biologische Faktoren
- Ungleichgewicht im Neurotransmittersystem (z. B. Serotonin, Dopamin)
- Familiäre Vorbelastung
- Begleitende psychische Erkrankungen (z. B. Depression, Zwangsstörung, ADHS)
Trichotillomanie ist keine Charakterschwäche, sondern eine behandlungsbedürftige Erkrankung.
Was hilft gegen Trichotillomanie?
1. Psychotherapie
Die kognitive Verhaltenstherapie (CBT) – insbesondere in Kombination mit der habit reversal training (HRT) – gilt als wirksamste Methode. Dabei lernen Betroffene:
- Auslösende Situationen zu erkennen
- Neue, gesunde Verhaltensmuster zu etablieren
- Die Kontrolle über Impulse zurückzugewinnen
2. Achtsamkeit & Stressbewältigung
- Meditation, Yoga oder Atemtechniken
- Tagebuchführung, um Muster zu erkennen
- Progressive Muskelentspannung
3. Ersatzhandlungen & Tools
- Fidget Toys, Haarbänder oder Therapieknete
- Kopfhautmassagen oder das Kämmen mit weichen Bürsten
- Apps zur Selbstkontrolle & Dokumentation
4. Medizinische Unterstützung
In schweren Fällen können Medikamente wie SSRIs (z. B. Fluoxetin) unterstützend eingesetzt werden – immer in ärztlicher Absprache.
Haarausfall durch Trichotillomanie – ist er reversibel?
Je nach Dauer und Intensität kann das Haar wieder vollständig nachwachsen. Werden Haarfollikel jedoch dauerhaft geschädigt, können kahle Stellen bestehen bleiben. Frühzeitige Behandlung erhöht die Chancen auf vollständige Regeneration.
Tipps für Angehörige
- Kein Vorwurf – stattdessen Verständnis zeigen
- Zuhören statt kontrollieren
- Unterstützung bei der Suche nach professioneller Hilfe anbieten
- Rückfälle nicht als Scheitern bewerten
Empathie ist der wichtigste Begleiter auf dem Weg zur Heilung.
Fazit
Trichotillomanie ist eine ernstzunehmende Störung, die oft im Verborgenen leidet. Wer betroffen ist, sollte wissen: Du bist nicht allein – und es gibt Hilfe. Mit therapeutischer Unterstützung, Geduld und individuellen Strategien lässt sich der Zwang überwinden und neues Vertrauen in den eigenen Körper gewinnen.